Samstag, 16. Juli 2011

Wo ist die Zeit geblieben?

Ich kann gar nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Es ist nun zwei Monate her, dass ich mich das letzte Mal hier gemeldet habe. Mir kommt es so vor, als wäre ich vor zwei Wochen noch in Peru gewesen. Doch viel Zeit ist seitdem vergangen und einiges ist passiert, über das ich berichten will!
Gereist bin ich eher weniger in den letzten Wochen – ein Wochenende nach Canoa, an die Küste und ein Wochenende nach Ibarra… es waren zwei wunderschöne und vor allem entspannte Kurztrips, auf denen ich die Ruhe und Gelassenheit genossen habe, denn davon findet man nur wenige im großen und lauten Quito und noch weniger, seitdem ein Baby in der Familie ist. In Ibarra haben Dirk und ich uns sogar einen ganzen Entspannungs-Tag in den Thermalbädern von Chachimbiro gegönnt inklusive einer wunderschönen Schlammmassage…
Mehr Reisen waren allerdings finanziell nicht möglich, da ich für meine 2½ wöchige Kolumbienreise am Ende meiner Ecuador-Zeit sparen musste – dazu aber später mehr!
Ich war in den letzten zwei Monaten also die meiste Zeit in Quito und habe das auch wirklich genossen. Ich habe meiner Gastmama viel mit den beiden Kleinen geholfen. Diana ist nicht unanstrengend und auch Sebastian ist kein besonders friedliches Baby und so war Norma sehr dankbar für ein wenig Hilfe. Und auch ich hatte viel Spaß dabei, mich entweder mit Diana oder dem Baby zu beschäftigen. Außerdem sind wir Anfang Mai endlich aus unserer Übergangsbehausung bei meinen Gast-Großeltern ausgezogen, wo wir die letzten drei Monate gewohnt hatten – zusammen mit 8 Personen, einem Kleinkind und mit zwei Hunden – wir zogen in das neu gebaute kleine Häuschen in „Llano Grande“, was meine Gasteltern gekauft haben. Mir gefällt es hier auch sehr gut. Zunächst einmal ist es ruhiger ohne so viele Menschen um einen herum, ich habe wieder ein eigenes Zimmer in dem ich meine Klamotten in den Schrank einräumen und mich ausbreiten kann. Dazu kommt noch, dass Llano Grande recht weit außerhalb vom Zentrum Quitos liegt. Es ist ein sehr ländlicher und ruhiger Stadtteil, was zwar auch bedeutet, dass es keine geteerten Straßen gibt, nur staubige Sandpisten, die Zahl der Straßenhunde hat sich mindestens verdreifacht und auch die Anzahl von Fliegen und Mücken im Haus ist stark angestiegen. Allerdings gibt es hier RUHE: keine Flugzeuge die im 10-Minuten-Tag über das Haus fliegen, kein Verkehrslärm, kein Hupen… dementsprechend kann ich hier auch tatsächlich FRISCHE, nicht verpestete Luft einatmen!
Ich genieße es also richtig nun ein wenig außerhalb von Quito zu leben, wo ich mich freier und auch sicherer fühle!
Doch jeden Morgen habe ich die neue Entfernung nach Quito und somit auch zu meiner Arbeit verflucht! Statt 10 Minuten mit einem Bus zu fahren, musste ich nun mindestens 70 Minuten mit insgesamt drei Bussen fahren. Doch das war noch das kleinste Übel. Viel schlimmer war es für mich, mich Morgen für Morgen in die mehr als überfüllten Busse zu quetschen. Ich war schließlich nie die Einzige, die morgens zur Arbeit ins Zentrum musste. Also warteten Dutzende von Menschen auf denselben Bus, der auch schon überfüllt an der Bushaltestelle ankam. Dann fing das drängeln, schubsen und schieben an. Jeder wollte noch in den Bus – koste es was es wolle. Da ist es auch egal wenn man noch halb aus der Tür heraushängt, wenn der Bus anfährt. Blaue Flecken waren eigentlich jeden Morgen vorprogrammiert. Wenn ich es dann tatsächlich in den Bus geschafft hatte, stand ich da zwischen einer riesigen Menschenmenge, versuchte mich irgendwie noch festzuhalten (was eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre – zwischen all den Menschen wäre es unmöglich gewesen umzufallen) und ich versuchte so gut es ging auf meine Sachen aufzupassen. Bei solchen Gelegenheiten geht es schnell, dass die Tasche aufgeschlitzt wird… So stand ich dann also da, für die nächsten 30 Minuten – ich als weiße Ausländerin, zwischen all den Ecuadorianern, was die Situation nicht gerade angenehmer machte. Mindestens die Hälfte der Augenpaare um mich herum war auf mich geheftet, von allen Seiten wurde ich angestarrt wie eine Außerirdische…
Naja, mal abgesehen, dass dieses Busfahren einfach ecuadorianisch ist, hat es sich auch immer gelohnt, denn als ich die lange und anstrengende Fahrt hinter mir hatte, war ich endlich wieder bei meinen Kindern!
Trotz anfänglicher Demotivation nach den Osterferien und immer weniger Lust „Lehrerin“ zu sein, genoss ich die letzten zwei Monate im Projekt sehr, denn es waren auch die letzten die ich zusammen mit den Kindern hatte. Am 1. Juli hatten Dirk und ich nämlich schon unseren letzten Arbeitstag.
Von mir aus hätte gerne jemand die Zeit anhalten können, denn nichts machte mir mehr Angst, als mich von meinen Kindern verabschieden zu müssen…
In den letzten Wochen wiederholten wir zusammen noch einmal alles, was die Schüler dieses Jahr in Englisch gelernt hatten, übten und übten und schrieben dann mit sehr großem Erfolg und vielen positiven Überraschungen schließlich die letzten Examen. Danach spielen wir wieder viel und machten sogar mit jeder Klasse noch eine Stunde Deutsch-Unterricht. Die Kinder waren begeistert und es fiel ihnen leichter als gedacht deutsche Worte und Sätze auszusprechen. Doch dann war er da – der 1. Juli…
Das mit dem Zeit anhalten hatte also leider nicht geklappt!
Die Kinder sangen für uns und überreichten uns mit vielen Umarmungen ihre wunderschönen Abschiedskarten und auch Dirk und ich überreichten unsere Abschieds-Fotocollage und es flossen viele Tränen – bei den Kindern, den Lehrern und bei Dirk und mir… Wir hatten eine so wunderschöne Zeit in diesem Projekt. Jedes einzelne Kind und auch unsere Kollegen haben uns so viel Freude und Liebe geschenkt, die wir niemals in unserem Leben vergessen werden. Jeder einzelne hat einen festen Platz in unseren Herzen eingenommen und sich nun von ihnen, vielleicht sogar für immer, trennen zu müssen, war sehr schmerzvoll und unglaublich schwer! Doch meine Mama hat mir sehr geholfen, mir diesen Abschied ein wenig einfacher zu machen. Sie sagte mir, dass ein Abschied schwer sein muss, denn das zeigt, wie toll die gemeinsame Zeit war. Lieber ein tolles Jahr und ein sehr schwerer Abschied als das Gegenteil! Und damit hatte sie eindeutig Recht!
Die Kinder haben mir dieses Jahr zu etwas ganz Besonderem und Unvergesslichem gemacht und ich bin sehr dankbar, dass ich das Glück hatte in diesem außergewöhnlichen und tollen Projekt arbeiten zu können!

Nun ist sie also vorbei meine Arbeitszeit und ich habe begonnen mich von Dingen und Menschen zu verabschieden, die dieses Jahr besonders wichtig für mich waren. So hatte ich auch schon meine letzte Salsa-Stunde. Fabian und ich hatten so viel Spaß beim Salsa tanzen und vor allem mit unseren super Salsa-Lehrern Luis und Moreima, die mit ebenfalls sehr fehlen werden! Doch ich freue mich schon sehr darauf, die Deutschen mit unserem Salsa-Können zu beeindrucken…
So LANGSAM bin ich also bereit zurückzukommen. Ich freue mich schon wahnsinnig auf Deutschland, auf Dinge die ich hier vermisse, wie zum Beispiel das deutsche Essen und natürlich kann ich es kaum noch abwarten meine Familie, meine Freunde und vor allem meinen Freund nach einem Jahr wiederzusehen!

Doch noch habe ich drei Wochen, die ich in vollen Zügen genießen will. Das werde ich auch tun: zusammen mit Lena und Fabian in Kolumbien! Morgen geht es endlich los und ich freue mich schon wahnsinnig. Kolumbien muss ein wunderschönes und aufregendes Reiseland sein und das wollen wir nun mit eigenen Augen sehen! Wir haben eine tolle Route quer durch das Land bis an die Karibikküste geplant. Wie ich finde, ein toller Abschluss für mein unvergessliches Jahr in Südamerika!

Montag, 9. Mai 2011

PERU

Der Alltag ist nun wieder eingekehrt in mein ecuadorianisches Leben. Die Osterferien sind vorbei und die Schule hat begonnen. Doch auch wenn ich schon seit fast zwei Wochen wieder in MEINEM Ecuador bin, zehre ich immer noch von den wunderschönen neun Tagen, die ich dank meiner lieben Eltern, die mir den Flug zu Weihnachten geschenkt haben, in Peru verbringen durfte. Schon lange hatte ich vor, David, einen sehr guten Freund aus Deutschland, in Peru zu besuchen und nun hat es endlich geklappt!
Ich machte mich am Freitag also ganz früh morgens auf den Weg mit dem Taxi zum Flughafen. Anstatt 38 Stunden mit dem Bus, brauchte ich mit dem Flugzeug nur zwei Stunden und landete schon am frühen Vormittag auf peruanischem Boden. David erwartete mich am Flughafen in Lima und wir freuten uns sehr, uns nach fast neun Monaten wiederzusehen. Zusammen fuhren wir zu Davids Gastfamilie, die mich sehr freundlich bei sich aufnahm, als wäre ich nun für längere Zeit ihre neue Gasttochter. Sie interessierten sich sehr für mich und mein ecuadorianisches Leben und es wurde sofort nach Gemeinsamkeiten und vor allem nach Unterschieden zwischen der peruanischen und ecuadorianischen Kultur gesucht. Der auffälligste Unterschied liegt zuerst einmal eindeutig in der Sprache – mein Akzent wurde nun offiziell als ecuadorianisch identifiziert…
Generell ist mir dieses „Suchen nach Unterschieden“ in Peru sehr stark aufgefallen. Die lateinamerikanischen Länder werden oft pauschal zusammengefasst, was jedoch eindeutig ein Fehler ist, da jedes dieser Länder eine eigene Welt für sich ist. Und auch wenn Ecuador und Peru sehr viele Gemeinsamkeiten aufweisen, was zum Beispiel die Landschaft angeht, sind es trotzdem zwei sehr unterschiedliche Länder, mit sich unterscheidender Bevölkerung und Kultur und auf diese Unterscheidung wird sehr großen Wert gelegt. So musste ich sofort das wirklich sehr leckere Nationalgericht „papa a la huancaina“ probieren und auch um den Genuss von „pisco sour“ (Whisky sour) und von „Inka Kola“ – ihhhhhhhh… - kam ich nicht herum.
Nachdem ich mich ein bisschen ausgeruht hatte, brachen David und ich schnell auf, um ins Zentrum Limas zu kommen, da ja schließlich unsere Tour für die nächsten Tage geplant werden musste. Wir hatten uns vorgenommen, nach Cusco und „Machu Picchu“ zu fahren und jagten nun den gesamten Nachmittag den besten Angeboten dafür nach. Wir fuhren quer durch die Stadt und so langsam dämmerte uns, dass diese Reise ein sehr teurer Spaß werden würde. „Machu Picchu“ ist DAS Touristen-Ziel in Peru und zur „Semana Santa“ (die Osterwoche) wurden die Preise nochmal kräftig erhöht. Je später es wurde, desto unwohler fühlten wir uns mit dem Gedanken, zwischen 400$ und 500$ für eine viertägige Tour zu den berühmten Inka-Ruinen auszugeben. Deshalb entschieden wir uns dann auch, als es schließlich Abend war und mich meine Füße vor Schmerzen fast umgebracht hätten, nicht zum „Machu Picchu“ sondern lieber zum Titicacasee zu fahren.
Das war eindeutig die schlauste Entscheidung, die wir in dieser Woche getroffen haben, da sie Reise zum „Lago Titicaca“ nicht nur wesentlich günstiger sondern auch viel ruhiger war – ohne tausende Touristen um sich herum, macht Reisen einfach viel mehr Spaß!
Trotzdem war der Freitag – auf der Suche nach guten Angeboten – kein verschenkter Tag, da ich auf diese Weise sehr viel von der riesigen Stadt Lima sehen konnte.
Es wurde mir auf diese Weise ein weiterer Unterschied zwischen Ecuador und Peru bewusst. Ecuador ist ein noch viel viel ärmeres Land. Ich war sehr erstaunt darüber, wie sauber Lima ist und wie gut zum Beispiel die Straßen ausgebaut sind. Dort muss man die Schlaglöcher regelrecht suchen, wohingegen man in Quito genau das Gegenteil macht. Man sucht Straßen ohne Schlaglöcher – allerdings vergeblich. Darüber hinaus schlägt einem der Reichtum in den wohlhabenden Gegenden geradezu entgegen. Dort stehen Villen, die man in Quito nur schwer findet. Selbst im Armenviertel wirkte alles sehr sauber, freundlich und „nur ein bisschen ärmer“. Es fällt auf, dass sehr viel für das Bild der Stadt getan wird und dazu fehlt in Quito noch sehr viel.
Wir entschieden und also am Sonntagnachmittag Richtung Titicacasee aufzubrechen. Den Samstag verbrachten wir noch in Lima, damit David mir ein bisschen von seiner Arbeit zeigen konnte. Mittags fuhren wir ins Armenviertel „Independencia“, wo das ACJ ( = CVJM) , Davids Arbeitsstelle, Kindergruppen leitet, um den Kindern gesundheitliche, psychologische und christliche Themen näher zu bringen. Abends fuhren wir ins ACJ, wo sich jeden Samstag die Jugendgruppe „Hopefull“ trifft. Das war ein sehr schöner Abend. Ich konnte Davids peruanische Freunde kennenlernen und ein wenig an seinem ganz alltäglichen peruanischen Leben teilhaben.
Uns nach so langer Zeit in Peru wiederzusehen, war für uns beide eine sehr lustige Erfahrung. David wunderte sich immer wieder darüber, dass ich so selbstverständlich Spanisch spreche und er nicht (wie für jeden anderen Besuch, der aus Deutschland gekommen wäre) übersetzen muss. Und ich wusste ihn in meinem Kopf gar nicht einzuordnen. Ich konnte ihn nicht in meinem deutschen Freundeskreis einordnen, weil wir beide dazu momentan in einer viel zu anderen Welt leben. In die Gruppe meiner ecuadorianischen Volontäre aber natürlich auch nicht. Aus diesen Gründen kam ab und zu eine leichte Verwirrung bei uns auf…
Am Samstagnachmittag ging es dann los – 16 Stunden Busfahrt. Allerdings 16 Stunden sehr luxuriöse Busfahrt in „Cama“-Bussen (Bett-Bussen), in denen wir den Sitz fast zum Bett umklappen konnten, wir hatten Decke und Kopfkissen und bekamen Abendessen und Frühstück serviert. So etwas kann man in Ecuador auch sehr lange und vergeblich suchen… Ich konnte also ENDLICH mal während einer Busfahrt schlafen! Nach 16 Stunden kamen wir in Arequipa – die drittgrößte Stadt Perus im Süden des Landes – an und stiegen sofort in den nächsten Bus ein, der uns innerhalb von 6 Stunden von Arequipa nach Puno – am Rande des Titicacasees – brachte. Nach fast 24-stündiger Reise waren wir also am Ziel. Noch im Terminal wurden wir von einem sehr netten Herrn angesprochen, der uns ein schönes und vor allem günstiges Hostal vermittelte. Darüber hinaus bot er uns eine sagenhaft günstige 2-Tages-Tour über den See an. Ohne weiter darüber nachzudenken schlugen wir zu und hatten somit im Handumdrehen unsere nächsten Tage geplant. Nach einer leckeren Pizza fielen wir dann auch todmüde aber voller Vorfreude auf die nächsten zwei Tage ins Bett.
Am Dienstagmorgen ging es dann los. Bei strahlendblauem Himmel wurden wir vom Hostal zum Hafen gebracht, von wo aus es, zusammen mit ca. 15 weiteren, spanischsprachigen (!!!) Touristen und einem netten Guide, mit dem Boot losging. Schon jetzt konnten wir über die Schönheit dieses gigantisch großen Sees nur staunen. Unser erstes Ziel waren die „islas flotantes de uros“ (schwimmende Inseln). Vor etwa 600 Jahren fingen die Menschen dort an, sich aus Schilfgras schwimmende Inseln zu bauen und darauf zu leben. Mittlerweile leben dort 5000 Menschen. Die Inseln sind ca. ein Meter dicke Geflechte aus Schilfgras, die, damit sie nicht weggetrieben werden, am Grund des Sees befestigt sind. Die Familien leben dort in ebenfalls aus Schilfgras gebauten Hütten und haben dort alles, was sie zum Leben brauchen – ein Fernseher darf natürlich auch nicht fehlen. Uros hat auch eine eigene Schule, die ebenfalls schwimmt, jedoch nicht befestigt ist und deshalb alle paar Tage ihren Standpunkt wechselt. Wenn die Kinder morgen zur Schule gehen, müssen sie erst einmal Ausschau halten, wo die Schule heute ist!
Wofür die Bewohner von Uros die Perfekte Lösung gefunden haben, ist der Umgang mit Nachbarschaftsstreits. Gibt es Probleme zwischen den Nachbarn, wird nicht lange gefackelt und die Insel durchgesägt. Somit kann jeder seiner Wege gehen und das Problem ist gelöst…
Nach einem kurzen Aufenthalt auf Uros, ging es auch schon weiter nach Amantaní, die größte (natürliche und nicht schwimmende) Insel auf peruanischer Seite des Titicacasees. Auf dieser wunder-, wunderschönen Insel wurden wir von indigenen Familien empfangen, die für diesen Tag und die kommende Nacht unsere Gastfamilie waren. Wir wohnten bei Franziska, die wahnsinnig gut kocht und unheimlich nett ist. Die Menschen auf Amantaní leben ohne Technik, es gibt keine Autos, alle Nahrungsmittel werden selbst angebaut und es herrscht eine unglaubliche RUHE, die sehr gut tut. Dort ist es so ruhig, dass es noch nicht einmal eine Polizei gibt. Wir fühlten uns wie im Paradies: wunderschöne Landschaften bei traumhaft schönem Wetter – Bilder sagen in diesem Fall wirklich mehr als tausend Worte. Am liebsten wären wir für immer dort geblieben, doch am nächsten Tag ging es früh morgens weiter zur Insel Taquile, die, was die Schönheit der Natur betrifft, Amantaní in nichts nachsteht. Was auf Taquile jedoch besonders beeindruckend ist, ist die Kultr. Diese zählt zum Weltkulturerbe, weil sie so besonders und weltweit kein zweites Mal zu finden ist. Das Leben auf Taquile ist ebenfalls sehr lustig und friedlich, weshalb es auch hier keine Polizei gibt. Die Taquileños leben nach dem Prinzip „Alle für einen, einer für alle!“. Will jemand zum Beispiel ein Haus bauen, ist dieses in 30 Minuten errichtet, da alle 2000 Taquileños das sind um zu helfen. Gibt es ein Problem, wird dieses Sonntags, bei der Insel-Versammlung aus der Welt geschafft. Dieses Prinzip funktioniert zu 100%. Eine weitere Besonderheit der Kultur ist die Kleidung. Je nachdem wie jemand gekleidet ist, sieht man auf den ersten Blick, ob die- oder derjenige verheiratet oder ledig, zu haben oder nicht interessiert, gut oder schlecht gelaunt ist. Selbst eine Beziehung entsteht (oder auch nicht) über die Kleidung. Je nachdem, wie der Mann seine Mütze trägt, drückt es aus, ob er eine Frau gut findet und die Frau zeigt das selbe anhand eines sehr bunten „Bommels“ an ihrem Kopftuch für „Ja“ und eines „Bommels“ in gedeckten Farben für „Nein“. Das ist eine Kommunikationsweise, die für jeden anderen nur schwer nachzuvollziehen ist, doch sie funktioniert und wird mit Stolz von Generation zu Generations weitergegeben. Nach einem schönen gemeinsamen Abschluss mit einer sehr leckeren „trucha“ (Forelle), ging es im Boot wieder zurück nach Puno. Für ganze 27$ haben wir zwei unvergessliche und wunderschöne Tage auf dem Titicacasee verbracht und unsere Reise war noch nicht zu Ende… Wir ließen den Abend mit sehr leckerem Essen und „pisco sour“ ausklingen und am nächsten Morgen ging es früh zurück nach Arequipa. Von dort wollten wir eigentlich sofort wieder zurück nach Lima, jedoch fiel uns auf, dass es erst Donnerstag war und der Bus nach Lima am Freitag ging. Nach leichter bis mittelschwerer Verwirrung freuten wir uns über den uneingeplanten, geschenkten Tag um die „weiße Stadt“ Arequipa kennenzulernen. Si emacht ihrem Namen auch tatsächlich alle Ehre. Die zum grossen Teil aus Tuft-Stein gebaute Innenstadt gab uns das Gefühl irgendwo in Spanien zu sein, jedoch auf keinen Fall in Peru. Bei nachwievor strahlendem Sonnenschein schauten wir uns die wunderschöne Kathedrale am mit Palmen bepflanzten „Plaza de Armas“ an, sahen andere tolle Kirchen und Klostrgebäude und assen in einer netten kleinen Gasse gemütlich zu Mittag – que linda vida! Abends lernte ich noch zwei von Davids Voluntärs-Kolleginnen kennen, die in Arequipa wohnen und arbeiten. Von ihnen bekamen wir dann auch den Tipp, ins Alpaka-Museum zu gehen. Gesagt – getan. Am nächsten Morgen, bevor es mit dem Bus zurück nach Lima ging, machten wir noch einen Abstecher ins Museum, wo wir die Alpakas füttern und mit ihnen kuscheln konnten – das alles sogar ohne angespuckt zu werden! Auh den Prozess der Verarbeitung der edlen Wolle bis hin zum Kleidungsstük sahen wir uns an. Zum Kauf einer 60$ teuren Alpaka-Mütze reichte das Geld dann aber leider nicht...
Und damit war unsere Reise-Zeit auch schon wieder vorbei! Es ging zurück nach Lima, wo wir uns noch einen gemütlichen Tag machten, bevor ich am späten Abend wieder zum Flughafen musste!
Die Woche war wunderschön jedoch leider viel zu kurz! Dennoch war ich nach diesen 9 Tagen froh, wieder in MEINEM Ecuador zu sein.
David und ich haben uns immer mal wieder „gestritten“, welches denn nun das schönste Land der Welt ist. Für ihn ist es Peru, für mich wird es jedoch immer Ecuador sein! Peru ordne ich gerne an zweiter Stelle an...

Freitag, 15. April 2011

Hallo meine Lieben – ich habe ein paar Kleinigkeiten zu erzählen…

Zuerst einmal haben wir in dieser Woche in all unseren Englisch-Klassen die Examen für das zweite Trimester geschrieben und das mit ziemlich großem Erfolg. Fast alle Schüler haben sich im Vergleich zum letzten Trimester verbessert. Sie konnten uns zeigen, dass sie das, was wir ihnen beigebracht haben, wirklich verstanden haben. Das macht Dirk und mich wirklich sehr stolz und vor allem glücklich. Es ist uns deutlich geworden, dass unsere Bemühen, den Kindern Englisch beizubringen, nicht sinnlos sind und wir ihnen tatsächlich etwas für ihre Zukunft mitgeben können.

Desweiteren hat meine Gastfamilie in dieser Woche Zuwachs bekommen. Am Mittwoch den 13. April, kam ca. um 10:00 Uhr, mein kleiner – noch namenloser – Gastbruder per Kaiserschnitt zur Welt. Mutter und Sohn sind wohlauf und schon wieder zu Hause. Alle sind wahnsinnig glücklich! Vor allem meine Gastmama Norma, die zuletzt wirklich keine Lust mehr auf ihren dicken Bauch hatte. Nur meine kleine Gastschwester Diana (2 Jahre), muss sich an ihre Rolle als große Schwester noch gewöhnen. Mal sehen wie sie es in den nächsten Tagen verkraftet, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen…

Und damit bin ich bei Nummer 3: genau wie in Deutschland, fangen auch hier in Ecuador, morgen die Osterferien an. Das bedeutet für mich, dass ich für eine Woche den ecuadorianischen Boden verlassen werde um David, einen Freund, der ebenfalls einen Freiwilligendienst absolviert, in Peru zu besuchen! Schon seit Wochen freue ich mich darauf und jetzt endlich ist es soweit – sehr früh am Morgen, werde ich am Freitag (15. April) in den Flieger steigen um dann hoffentlich heil, 2 Stunden später, in Lima zu landen. Unser Programm für die Woche steht noch nicht ganz fest, aber es wird toll…

In diesem Sinne wünsche ich euch allen wunderschöne Osterferien und ich melde mich schon ganz bald wieder, um euch von Peru zu erzählen!

Mittwoch, 16. März 2011

Flaggenschwur

Nun endlich habe ich einen Weg gefunden, das Video vom 25. Februar hochzuladen. An diesem Tag (eigentlich der 27. Februar) wird Ecuadors glorreicher Sieg über die peruanischen Invasions-Streitkräfte im Jahre 1829 gefeiert. In der „Batalla de Tarqui“ (Schlacht von Tarqui – in der Nähe von Guayaquil) wurden 8.000 Soldaten der peruanischen Armee von 4.000 Ecuadorianern erfolgreich in die Flucht geschlagen und stellt somit den größten Triumpf Ecuadors über seinen südlichen Nachbarn dar. Auf peruanischer Seite wurden insgesamt 2.500 Tote, Verletzte, Gefangene und Verschollene gezählt. Auf ecuadorianischer Seite waren es gerade mal 154 Tote und 260 Verletzte.

Auch heute noch ist der 27. Februar ein sehr wichtiges Ereignis im Leben der ecuadorianischen Schüler. Traditionell werden an diesem Tag die Klassen- und Schulbesten geehrt und die Schüler der 7. Klassen schwören ewige Treue auf die ecuadorianische Flagge. Abgesehen davon, dass dieser Flaggenschwur an sich für unser deutsches Verständnis von Nationalstolz schon sehr gewöhnungsbedürftig ist, wird für die gesamte Zeremonie wochenlang trainiert und geübt, damit nachher auch wirklich alles perfekt wird. Wenn die Schüler im Gleichschritt einmarschieren, die sogenannten „Bastoneras“ ihre Choreografien zeigen, stolz die Nationalhymne gesungen wird und die ecuadorianische Flagge – die fortwährend im Mittelpunkt steht – immer wieder in ganz bestimmten Abläufen übergeben wird. Das macht das Ganze noch befremdlicher. So war es jedenfalls für mich… Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschieden, ein Video von dem diesjährigen Flaggenschwur hochzuladen, um euch die gesamte Zeremonie ein wenig verständlicher und anschaulicher zu machen!

Allerdings muss ich jetzt im Nachhinein zugeben, dass der 25. Februar – so befremdlich und komisch mir der „Flaggenschwur“ im Vorhinein auch vorkam – für mich ein wunderschöner und sehr bewegender Tag war. Ich habe gemerkt welch einen großen Teil meines Herzens „meine Kinder“ mittlerweile eingenommen haben. Alle waren unglaublich aufgeregt und stolz, vor allem als die Klassen- und Schulbesten von ihren eigenen Eltern mit Scherpe und Urkunde geehrt wurden. Ich konnte gar nicht anders als auch großen Stolz und wahnsinnige Freude zu verspüren. Die Kinder haben an diesem, für alle so wichtigen Tag, wirklich viel geleistet, was den 25. Februar für mich zu einem unvergesslichen Tag gemacht hat!

Und jetzt, viel Spaß beim Video anschauen…


Von Meine Fotos!

in der selva

Nachdem mich die Zivilisation und das laute und hektische Großstadtleben wieder haben, wird es Zeit euch ein wenig (naja eher viel) über meine tollen vier Tage im ecuadorianischen Dschungel zu erzählen. Es war von der ersten bis zur letzten Minute ein durch und durch ecuadorianisches Abenteuer, welches ich niemals vergessen werde!
Es geht los…
Nach einer sehr lustigen und schaumigen Karnevalsfeier in der Schule (Fotos folgen) und einer gründlichen Dusche machte ich mich auf den Weg ins Zentrum Quitos, um mich noch in letzter Minute vernünftig für den Dschungel auszustatten. Nach dem Erwerb von drei farbenfrohen und bequemen Leinenhosen, die mich im Gegensatz zu meinen Jeans im Urwald nicht vor Hitze eingehen lassen würden, machten Susan, Anne und ich uns auf den Weg in den Süden Quitos, zum Busterminal Quitumbe. Laut Reisebüro sollten wir um 21:00 Uhr dort sein, um den Bus um 21:30 Uhr zu nehmen. Da wir jedoch nichts mehr zu tun hatten, waren wir drei schon um 17:00 Uhr dort – und in diesem Moment fing auch das Abenteuer beziehungsweise das Chaos an…
In ganz Ecuador gab es vier Tage lang Karnevals-Ferien, was gefühlt jeden einzelnen Quiteño an die Küste oder in den Oriente zog - hauptsache raus aus dem grauen, kalten und verregneten Quito. Dementsprechend voll von Menschen war auch das Busterminal, welches eher an einen Jahrmarkt als an einen Busbahnhof erinnerte. Man versuchte noch irgendwie Tickets zu ergattern, es wurde auf Busse gewartet und es wurden Ausweichpläne geschmiedet, da es längst nicht genug Bustickets für alle Reisenden gab.
Susan, Anne und ich waren jedoch ganz entspannt, da unsere Tickets ja schon im Voraus von unserem Reisebüro reserviert wurden, welche wir einfach nur noch abholen mussten. Eigentlich.
Voller Vorfreude und gutgelaunt stellten wir uns in die Schlange von unserem Ticketschalter. Dort wurde uns sogleich versichert, dass es für 21:30 Uhr keine Tickets mehr gäbe. Da wir jedoch in den Tagen zuvor des Öfteren die Erfahrung gemacht hatten, niemals blind auf die Aussagen von Ecuadorianern zu vertrauen und da wir ja immer noch unsere Ticketreservierungen von unserem ecuadorianischen (!!!) Reisebüro in den Händen hielten, ließen wir uns davon nicht beirren und warteten bis wir den Anfang der Schlange erreicht hatten.
Und damit war es offiziell: ES GAB KEINE TICKETS MEHR FÜR 21:30 UHR! Unser nettes Reisebüro hatte vergessen, unsere Tickets zu reservieren… Wer hätte das gedacht?
Wir sahen unsere vielversprechende Dschungel-Tour also schon den Bach runtergehen. Doch Wunder über Wunder und nach einem Telefonat mit unserem Reisebüro, gab es noch ein paar Resttickets für 19:00 Uhr. Ohne zu zögern und ohne daran zu denken, dass wir am nächsten Tag um 04:00 Uhr in Cuyabeno ankommen würden, schlugen wir zu und unsere Reise war gerettet – VORERST!
Jetzt ging das herumtelefonieren los. Wir mussten Lena und Konstantin erreichen, die ebenfalls mitkommen wollten und wir mussten im Reisebüro anrufen, um sicherzustellen, dass wir morgens um 04:00 Uhr in der Pampa von Cuyabeno abgeholt werden würden, um in den tiefen Dschungel gebracht zu werden.
So weit so gut – noch gingen wir davon aus, dass alles funktionieren würde und wir einfach um 19:00 Uhr in den Bus einsteigen und um 04:00 Uhr wieder aussteigen könnten. Da hatten wir unsere Rechnung aber nicht mit der sehr unecuadorianischen Pünktlichkeit unseres Busfahrers und der schon sehr ecuadorianischen und damit unpünktlichen Lena gemacht. (Die Hoffnung, dass Konstantin noch rechtzeitig zum Bus kommen würde, hatten wir schon aufgegeben!)
Es war nun also 18:50 Uhr. Susan und Anne saßen bereits im Bus, ich stand – kurz vor der Verzweiflung – noch in der Wartehalle des Terminals, mit meinem und Lenas Ticket in der Hand, Lena saß im Taxi Richtung Quitumbe und dieses Taxi stand im STAU!
Alle vier standen wir im ständigen Telefonkontakt – am Ende mit den Nerven – und dann war es 19:00 Uhr. Lena, am Telefon, versicherte mit immer wieder, dass der Bus – ganz ecuadorianisch – niemals vor 19:15 Uhr abfahren würde. Susan, ebenfalls am Telefon und nur 30 Sekunden später, schrie nur noch: „Run, run, run, run, ruuuuuun!“ Punkt 19:00 Uhr hatte der Busfahrer den Motor gestartet!
Ich rannte also los – hinterließ Lenas Ticket am Eingang, mit den Worten: „Da kommt gleich ein Mädchen…!“ (eine sehr präzise Angabe wie ich finde) und schaffte es tatsächlich noch, den Bus rechtzeitig zu erwischen. Doch Lena war nicht da!!!
Der Bus war schon auf dem Weg aus dem Terminal heraus, irgendwo in diesem riesigen Busbahnhof, zwischen zig Bussen, war Lena… Alle Passagiere im Bus hielten zusammen mit Susan, Anne und mir nach ihr Ausschau. Doch wir sahen sie einfach nicht! Plötzlich machte mich eine weitere Passagierin jedoch darauf aufmerksam, dass da gerade eine „extranjera“ (Ausländerin) angerannt käme – und tatsächlich stand Lena mit einem Mal da. Mitten vor dem Bus und völlig außer Atem. Doch ENDLICH konnte es losgehen und wir vier hatten neun lange Stunden Busfahrt Zeit, um uns von dem Stress zu erholen.
Tag 1
Das schafften wir auch ganz gut. Bis um 02:00 Uhr morgens ein „sehr freundlich“ wirkender, mit Maschinengewehr bewaffneter Soldat in den Bus einstieg und alle Ausländer – also uns vier – dazu aufforderte, bitte auszusteigen. Laut ihm befanden wir uns an der kolumbianischen Grenze und aus diesem Grund gab es eine Passkontrolle. (Never trust an ecuadorian!)
Kolumbien??!! 02:00 Uhr nachts, schwer bewaffnete ecuadorianische Soldaten, Kolumbianisches Grenzgebiet, welches eindeutig nicht gerade ungefährlich ist… Ich muss sagen, dass ich mich schon einmal wohler gefühlt habe.
Dazu kam noch, dass weder Lena noch ich unseren Reisepass dabei hatten. Laut Reisebüro reichte schon unser „Censo“ (ecuadorianischer Perso), was der Grenzbeamte allerdings nicht ganz so sah. Zum Glück konnten wir uns, dank unserer mittlerweile sehr guten Spanisch-Kenntnisse, schnell aus der ganzen Geschichte rausreden. Und somit konnte unsere – wie immer wahnsinnig angenehme und schlafreiche – Busfahrt weitergehen.
(Gegen Ende unserer Reise stellte sich dann auch heraus, dass es nicht die kolumbianische Grenze war, an der wir kontrolliert wurden, sondern nur eine „Kontrollstation“ um Drogenschmuggel etc. zu verhindern. Warum allerdings nur wir vier Ausländerinnen und niemand sonst aus unserem mit Ecuadorianern überfüllten Bus kontrolliert wurde, haben wir bis jetzt nicht verstanden…)
Um 04:30 Uhr kamen wir dann auch endlich und ohne weitere Zwischenfälle, in Cuyabeno an.
Ich beschreibe kurz das Szenario: zwei unbewohnte Häuser, eine Straße, eine Brücke, ein Fluss, eine Straßenlaterne, tausende unfreundliche Insekten und kein Guide, der uns abholen wollte. Das Reisebüro hatte also nicht angerufen damit uns jemand abholt – Never trust an ecuadorian!
Uns blieb also nichts anderes übrig als zu warten. Lena und ich machten es uns auf sehr gemütlich aussehenden Steintreppen bequem, um ein wenig zu schlafen und Anne und Susan erkundeten die Umgebung, bis wir endlich – um 07:00 Uhr – von unserem Guide (der übrigens nur 30 Sekunden von uns entfernt geschlafen hatte, was wir jedoch aufgrund der undurchdringlichen Dunkelheit die uns umgab, nicht gesehen hatten) mit dem Motor-Kanu ins Camp gebracht wurden.
Von den harten Steintreppen wurden wir also direkt ins Paradies, mit leckerem Frühstück und wahnsinnig bequemen Betten gebracht!
Nach einem kurzen Nickerchen, einer angenehmen, kühlen Dusche und einem leckeren Frühstück, konnte das Abenteuer „Dschungel“ dann ENDLICH wirklich losgehen.
Konstantin war inzwischen auch im Camp angekommen. Unter sehr mysteriösen Umständen hatte er einen Bus um 22:00 Uhr genommen, wurde weder an der „kolumbianischen Grenze“ kontrolliert, noch hatte er 2 ½ Stunden warten müssen, um abgeholt zu werden. Naja, wie gesagt, ich befinde mich hier in Ecuador!
Mit dem Motor-Kanu ging es immer und immer weiter auf dem kleinen Fluss mitten durch den Dschungel im Cuyabeno-Nationalpark. Wir waren umgeben von GRÜN, in allen Formen und Farbnuancen die man sich nur vorstellen kann. Die riesigen Bäume wuchsen quer über den Fluss, auf ihnen wuchsen weitere große und kleine Pflanzen und Lianen hingen herab, bis auf die Wasseroberfläche. Wir alle waren sprachlos von der Schönheit dieser Natur und von der Vielfalt der Tiere, die wir beobachten konnten. Da waren leuchtend blaue Schmetterlinge, so groß wie eine Hand von mir, die um unser Boot herumflatterten, immer wieder tauchten Affen in den Bäumen auf, die sich von Ast zu Ast schwangen. Wir sahen ein Pärchen von Schildkröten, die sich von ihrem Baumstamm sofort ins Wasser plumsen ließen, als wir vorbeikamen. Auch die zwei Kaimane, die sich am Ufer sonnten, schienen unsere Anwesenheit nicht sonderlich zu mögen (kein Wunder, da sich kaum Touristen in dieses Gebiet der ecuadorianischen Selva verirren). Nicht zu vergessen ist die große Anzahl verschiedener Vogelarten, die wir im Laufe des Tages sehen und hören konnten. Unter anderem einen großen und bunten Toucán und die von uns – aufgrund ihrer sehr fragwürdigen Verhaltensweise – sogenannten „suicide birds“. Sobald wir vorbeikamen stürzten sie sich kopfüber ins Wasser und, egal wie lange wir warteten, sie tauchten einfach nicht mehr auf.
Nach zweieinhalbstündiger Bootsfahrt kamen wir dann bei unserem eigentlichen Ziel an – der größten Lagune im Cuyabeno-Park. Und tatsächlich: sie ist riesengroß und wunderschön. Nachdem wir stundenlang durch wuchernden Urwald gefahren waren, öffnete sich vor uns plötzlich eine riesige und weitläufige Lichtung und gab die Lagune frei. Jedoch ist dieses Gewässer ziemlich heimtückisch. Trotz der fast unerträglichen Hitze konnten wir dort nicht baden gehen, da wir ungern von dem bis zu drei Meter langen „pez eléctrico“ (Zitteraal) umgebracht werden wollten. Trotzdem strahlte diese Lagune eine unglaubliche Ruhe und Einsamkeit aus, die uns alle in eine zufriedene und entspannte Stimmung versetzte.
Unsere Bootsfahrt ging weiter den Fluss hinauf zum Dorf einer indigenen Gemeinschaft. Dort begrüßte uns sofort das kleine Äffchen des Dorfältesten. Er kletterte auf uns herum uns machte es sich auf hauptsächlich Konstantins Schultern bequem.
Mich konnte er – aus welchem Grund auch immer – nicht besonders leiden. So fing er jedes Mal, wenn er wieder auf mich gesprungen war, sofort an mich zu beißen. Und das kann ich jetzt mit Bestimmtheit sagen: von einem Affen gebissen zu werden ist wirklich nicht angenehm.
Anschließend trafen wir auf den Dorfältesten. Und „alt“ ist hier wörtlich zu nehmen. Er ist schon über hundert Jahre alt und was mich an ihm besonders beeindruckt hat, war, dass er mehr Kraft, Energie und Ausdauer hat als ich, obwohl er mindestens vier Mal so alt ist! Zusammen gingen wir Yucca ( = Maniok) ernten und machten ein unglaublich leckeres und vor allem einfaches „pan de yucca“ daraus. Wir bekamen einen kleinen Einblick in ihre sehr einfache, ursprüngliche und naturbezogene Art zu leben, was mir eine, für mich noch völlig unbekannte Seite Ecuadors zeigte.
Unsere Rückfahrt zum Camp (mittlerweile war es dunkel geworden) - durch die unheimliche Finsternis des Dschungels, mit all den Geräuschen von unbekannten Tieren – wurde von mindestens einem Dutzend Fledermäuse begleitet…
Wir waren froh, nach diesem langen Tag wieder zurück im Camp zu sein und krochen todmüde unter unsere Moskitonetze und schliefen sofort ein.
Tag 2
Auch der zweite Tag in der Selva fing mit einem sehr leckeren Frühstück an und ging sehr entspannt weiter. Wir machten es uns in den Hängematten bequem und genossen das angenehme warme Klima und ließen es uns gut gehen.
Kein Stress, keine Hektik, weit weg von Quito, den Abgasen, dem Straßen- und Flugzeuglärm, inmitten wunderschöner Natur – was will man mehr?
Doch das Abenteuer ging weiter – der nächste Programmpunkt hieß: Wir gehen Piranhas angeln! Also machten wir uns mit Angeln und fleischigen Ködern bewaffnet auf die Jagd. Im Kanu fuhren wir an die richtige Stelle und schmissen die Angelschnüre ins Wasser. Dann hieß es warten… Schnell war unser Boot umringt von den netten „Piratenfischen“ (Übersetzung aus dem Dänischen), was wir daran merkten, dass die Köder immer wieder angeknabbert wurden. Die Piranhas fraßen sehr schlau um den Haken herum, aber anbeißen wollten sie nicht so recht. Doch nach einiger Zeit zog Diego – unser Guide – einen Fisch aus dem Wasser. Ein kleines Exemplar der so gefürchteten „Killerfische“ aus dem Amazonas. Und ich muss sagen, die sehen genauso aus wie alle anderen Fische auch. Allerdings würde kein anderer Fisch ein Holzstöckchen durchbeißen, wenn man es ihm hinhält… Piranhas sind aber tatsächlich relativ ungefährlich, wenn man nicht gerade mit einer blutenden Wunde zusammen mit ihnen schwimmen geht!
Auch Lena hatte Glück. Nur 30 Sekunden nachdem sie Konstantins Angel übernommen hatte, biss ein Fisch an.
Das Geschrei war ziemlich groß – bei Lena aus Schreck, dass sie einen Fisch an der Angel hatte, bei mir aus Angst, dass mir gleich ein Piranha in Gesicht geschleudert werden könnte…
Da die Fische, die wir aus dem Wasser gezogen hatten nur sehr klein waren, warfen wir sie wieder zurück ins Wasser und sie endeten nicht als unser Abendessen. Schade eigentlich – ich hätte gerne einmal Piranha gegessen!
Unser Tag endete mit einer Nachtwanderung durch den Urwald. In völliger Dunkelheit und nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, bahnten wir uns einen Weg durch Büsche und Sträucher. Diego machte uns auf ein paar Insekten und Spinnen aufmerksam und erzählte uns vom „bush master“, einer bis zu drei Meter langen und sehr gefährlichen Schlange, die dem Licht folgt. Dementsprechend froh war ich, als wir wieder zurück im Camp waren.
Schon als Kind habe ich Nachtwanderungen gehasst und jetzt, zwischen gefährlichen, unbekannten und ekeligen Tieren, finde ich das immer noch nicht so toll…
Zurück im Camp bot sich uns der schönste Sternenhimmel den ich je gesehen habe. Abseits von jeder Zivilisation, fern von großen, hellen Städten, sind die Sterne nicht nur kleine Punkte am Himmel. Sie sind groß und leuchten wahnsinnig hell – einfach nur schön!
Tag 3
Am dritten Tag ging es wieder zu Fuß durch den Dschungel – doch diesmal bei Tageslicht, was mir eindeutig sympathischer war. Ausgestattet mit – zum größten Teil (arme Anne) – dichten Gummistiefeln marschierten wir los. Es stellte sich schnell heraus, dass diese von großem Nutzen waren. Durch nächtliche, sehr starke Regenfälle, war der ganze Weg ein einziges Matschfeld. Wir hatten nicht wirklich Augen für unsere Umgebung und die Tiere, die sich dort befanden. Wir waren zu sehr damit beschäftigt, uns Schritt für Schritt durch den Matsch zu kämpfen – was allerdings nicht heißt, dass es nicht lustig gewesen wäre. Wir steckten teilweise knietief im Sumpf, der Schlamm lief von oben in die Stiefel und die Stiefel blieben im Schlamm stecken. So gab Susan nach einiger Zeit auf, als sie ihre Stiefel mal wieder nicht aus dem Schlamm herausbekam. Sie schlüpfte aus den Stiefeln heraus, lief ein Stück auf Socken weiter und zog dann die Stiefel mit den Händen heraus.
Dennoch: der Urwald ist schon wirklich faszinierend. Abgesehen von unserem Schlammbad haben wir so viel Schönes dort gesehen! Blüten, wie eine Spirale aufgedrehte Baumstämme, riesige Blätter, Pflanzen die auf anderen Pflanzen wachsen und natürlich hunderte von Tierarten und noch vieles mehr. Atemberaubend!
In der Nacht ging es wieder in den Wald – diesmal nur ein kleines Stück. Jorge – ein zweiter Guide – wollte uns unbedingt riesige Tarantulas zeigen! Also war ich diesmal nicht nur mit meiner Taschenlampe, sondern auch mit meiner Kamera ausgestattet, als wir losgingen. Nach ca. 5 Minuten Fußweg fanden wir die ersten beiden Spinnen. Handgroß und nicht ganz so haarig, wie ich mir das vorher gedacht hatte.
Normalerweise wäre ich jetzt schreiend davon gelaufen. Doch diesmal war ich einfach nur fasziniert und darauf erpicht, tolle Fotos zu machen.
Nur 10 Meter weiter fanden wir die nächste riesige Tarantula. Diesmal eine sehr haarige. Erschrocken von unserem Licht hatte sie sich jedoch fast vollständig in ihr Loch verkrochen. Also schalteten wir die Taschenlampen aus und warteten. Das war jetzt schon sehr viel unheimlicher. Wir standen regungslos dar, es war stockfinster und wir warteten darauf, dass die riesige Vogelspinne, nur einen Meter von uns entfernt, aus ihrem Loch herauskommt… aber wir hatten Glück. Nach ca. 10 Minuten und gefühlten zwei Stunden kam sie heraus und ich konnte tolle, beeindruckende und auch ein wenig beängstigende Fotos schießen. Viel Spaß beim angucken!
Jorge versicherte mir übrigens, dass diese Spinnen absolut ungefährlich für Menschen sind. Allerdings ist er Ecuadorianer und wir haben ja gelernt: „Never trust an ecuadorian!“
Tag 4
Der vierte und letzte Tag unseres Dschungel-Abenteuers war wieder (zumindest solange wir noch im Camp waren) sehr entspannt. Wir relaxten in den Hängematten und versuchten und noch einmal im Piranha-Fischen – wieder ohne Erfolg. Stattdessen gerieten wir auf dem Rückweg in einen fürchterlichen Regen. Innerhalb weniger Minuten war alles nass und der Wasserpegel im Boot stieg bedrohlich schnell an. Vorsorglich hatten wir Regen-Ponchos mitgenommen und von daher war das Ganze wirklich sehr lustig. Naja nur so lange bis mir auffiel, dass mein Poncho nicht dicht war. Somit machte ich mir den restlichen Weg nur noch Sorgen um meine Kamera… Doch umgezogen, im Trockenen, entspannt in den Hängematten liegend, war der Mittag tatsächlich sehr gemütlich. Und so ließen wir unsere wunderschöne Zeit im Dschungel, die – wenn es nach uns gegangen wäre – niemals zu Ende gegangen wäre, ausklingen.
Doch noch waren wir nicht zurück in Quito – so relaxed wir noch im Dschungel waren, so unrelaxed, ungemütlich und – wer hätte das gedacht – stressig war die Rückfahrt.
Es fing damit an, dass wir in einem, aufgrund des Endes der Ferien, völlig überfüllten Bus nach Lago Agrio fahren mussten. Der nette Busfahrer überließ uns freundlicherweise sein „Bett“ und so SAßEN wir zwei Stunden lang zusammengequetscht und ohne jeglichen Platz für unsere Beine im Bus und hofften nur schnell anzukommen. Aber immerhin saßen wir! Angekommen in Lago Agrio – einer laut vielen Ecuadorianern sehr gefährliche Stadt, aufgrund von Drogen- und Menschenhandel, da nah an der kolumbianischen Grenze – wurde uns schnell klar, dass es schwer werden würde, fünf Tickets zurück nach Quito zu bekommen. Im Bus-Terminal fragten wir bei vier Busunternehmen nach Tickets, doch ohne Erfolg – nicht ein einziges Ticket war verfügbar. Wir stellten und schon auf eine Nacht in dem sehr „sympathischen“ Städtchen Lago Agrio ein. Doch dann bemerkte unsere „Retterin“ Anne den Schalter eines fünften Busunternehmens, den wir aus irgendeinem Grund übersehen hatten. Ohne große Hoffnung fragte sie nach Tickets und tatsächlich: die Frau am Schalter konnte uns die letzten fünf Tickets zurück nach Quito verkaufen.
Wir konnten es gar nicht glauben. Anne dachte sogar, dass sie die Verkäuferin missverstanden hatte. Doch es war kein Missverständnis!
2 Minuten später hielten wir fünf Bustickets in den Händen. Und nach kurzer Wartezeit, setzte sich der Bus Richtung „Heimat“ in Bewegung… doch der schlimmste Teil unseres Rückwegs lag noch vor uns.
Zuerst einmal verlor ich beim Schnick-Schnack-Schnuck spielen und musste somit in der letzten Sitzreihe, welche aus drei Sitzen bestand, in der Mitte zwischen Lena und Konstantin sitzen.
Super Aussichten auf ein wenig Schlaf während einer 7-stündigen Busfahrt, die ganze Nacht hindurch.
Doch an Schlaf war so oder so nicht zu denken. Etwa alle 1,5 Stunden mussten alle Passagiere mit all ihrem Gepäck aussteigen um durchsucht zu werden. Jedoch nicht nach Drogen, sondern nach exotischen Tieren. Anscheinend lassen viele Touristen – sowohl ausländische als auch ecuadorianische – lebende Souvenirs aus dem Dschungel mitgehen, was momentan sehr streng kontrolliert wird.
Ich würde sagen, dass dies die schlimmste Busfahrt war, die ich je machen musste.
Todmüde und zu nichts mehr zu gebrauchen, kamen wir alle um 04:30 Uhr in Quitumbe an. Von dort lagen noch weitere zwei Stunden Busfahrt in den Norden Quitos vor uns. Doch was dann noch vor uns lag, war eindeutig wesentlich anstrengender: ein ganzer, langer Schultag, mit 120 aufgedrehten Schulkindern.

Mal abgesehen von den Busfahrten hatte ich eine wunderschöne Zeit in Dschungel. Mit Lena, Konstantin und meinen beiden Lieblings-Däninnen Susan und Anne. Doch leider ist ihre Zeit in Ecuador schon fast vorbei, was mich sehr traurig macht. Wir hatten sehr viel Spaß miteinander und die Arbeit hat mit ihnen zusammen sehr viel mehr Spaß gemacht.
DANKE FÜR DIE SCHÖNE ZEIT MIT EUCH UND BIS BALD IN DÄNEMARK!

I had a really great time in the jungle. With Lena, Konstantin and my two favorite danish girls Susan and Anne. But unfortunately their time here in Ecuador is almost over, which makes me very sad. We had a lot of fun together and working with them was so much more fun.
THANK YOU FOR THE WONDERFUL TIME WITH YOU AND SEE YOU SOON IN DENMARK! …du griner!